Westerheimer Germanite in Betrugsprozess angeklagt: Firma versprach besondere Blockheizkraftwerke
Westerheim Guido K., ein so genannter „Germanite“ aus Westerheim, ist
einer von 13 Angeklagten in einem großen Betrugsprozess, der derzeit in
Nürnberg verhandelt. Das Gericht hat unter anderem zu klären, ob die
Firma GfE, deren Vertriebsleiter Guido K. war, Kunden
Blockheizkraftwerke versprach, die es gar nicht gab.
Die GfE, die
Nürnberger „Gesellschaft zur Förderung Erneuerbarer Energien“mit Sitzen
in Tschechien, Spanien, Montenegro, der Schweiz und weiteren Ländern
behauptete: Ihre mit Pflanzenöl betriebenen Blockheizkraftwerke (BHKW)
würden 30-prozentige Jahresrenditen abwerfen. Für die Nürnberger
Staatsanwaltschaft glatt bandenmäßiger Betrug. Denn die Ankläger sagen:
Von 1547 per Vertrag gekauften BHKW mit Pflanzenölantrieb,
„Energy-Saving-System ESS“ und versprochenem Umwandlungsgrad von 75
Prozent Öl in Strom habe es noch nicht einmal einen einzigen
funktionierenden Prototypen gegeben. Deshalb sitzen zurzeit 13 führende
Ex-GfE-ler vor der 12.Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth.
Doch
die GfE, war wohl nicht die einzige Firma, die sich das Image von
Ökoenergie zu Nutze machte, um schwer durchschaubare Produkte an Mann
und Frau zu bringen. Auch in Schwaben sind ähnlich arbeitende
Unternehmen aktiv. Die Stuttgarter „Erste MAI GmbH“ (EMG) zum Beispiel.
Die hat nichts mit dem Tag der Arbeit zu tun: Das Kürzel MAI bedeutet
„Erste Mission für Autarkie und Innovation“. EMG wurde bereits 2010 vom
Fernsehsender ZDF in einem Atemzug mit GfE genannt.
Auch die
Stuttgarter Firma hatte ein BHKW im Angebot. Viele Käufer haben etwa 40
000 Euro per Vorkasse bezahlt. Doch von funktionierenden
Blockheizkraftwerken war nicht viel zu sehen. Weshalb am 28. Juli 2011
mehrere führende EMGler – Geschäftsführer, Ideengeber, Leitende
Mitarbeiter – kurzzeitig im Untersuchungsgefängnis landeten. Der Vorwurf
wie bei GfE: bandenmäßiger Betrug. Neben der „Ersten“ gibt es bis heute
übrigens eine „Zweite MAI GmbH“, die aber seit Ende 2010 Eurokraftwerk
GmbH heißt. Die handelnden Personen sind jeweils die gleichen. Und
„derzeit umstrukturiert“ wird die „DBE Deutsche Bio Energie
Genossenschaft e.G.“, mit Sitz in Leinfelden-Echterdingen. Das erläutert
ein DBE-Vertriebler unserer Redaktion. Bis November 2010 verkaufte der
Mann GfE-BHKW. Danach erlag er wohl den Verlockungen eines
DBE-Jobangebots.
DBE suchte im März 2011 „für ihren Vertrieb ab
sofort Mitarbeiter. Eine neue und diesmal zukunftssichere
Verdienstmöglichkeit“ sei zu erwarten mit „bis zu 7,5 Prozent Provision
plus zehn Jahre lang 50 Prozent Folgeprovision von der
Abschlussprovision. Der Kunde erhält eine Rendite von 12 Prozent im
Jahr, plus eventuell Überschüsse“, steht in einer Mail, die uns
vorliegt. Absender ist übrigens ausgerechnet einer jener
GFE-Vertriebschefs, die zurzeit in Nürnberg auf der Anklagebank sitzen.
Heute
erklärt der Mann aus Alesheim in Franken am Telefon: „Ich bin schon ein
dreiviertel Jahr nicht mehr für DBE tätig.“ Für uns gar nicht zu
erreichen ist die Führungsriege der DBE. Nach dessen im Handelsregister
eingetragenen Geschäftsführer sucht seit Juni auch die Bußgeldstelle des
Landkreises Wesel in Nordrhein-Westfalen.
Wie berichtet, wurde
vor etwa einer Woche der „Außenminister“ des mitten in Deutschland
lebenden „indigenen Volkes der Germaniten“ in Westerheim verhaftet. Auch
wenn er – wie alle Germaniten – Justiz und sonstige Organe der
Bundesrepublik kategorisch ablehnt: „Er hat uns die Hand darauf
gegeben“, sich vor Gericht nicht auf seine „diplomatische Immunität“ zu
stützen, erklären seine zwei Pflichtverteidiger.
Karl M.,
ebenfalls in Nürnberg angeklagt, will dagegen kein Germanit mehr sein.
Er fühle sich „von denen getäuscht“, lässt er seine beigeordnete
Anwältin mitteilen. Dabei hatte sich M. Anfang August bei der Einreise
am Münchner Flughafen durch Vorzeigen eines
„Germaniten“-Diplomatenpasses der Verhaftung durch die Bundespolizei
entziehen wollen. Und noch bis Anfang September prangte in Schwanstetten
an einem von ihm und seiner Lebensgefährtin bis dahin gemeinsam
betriebenen Gasthof ein Schild, das diesen als „Diplomatische Mission
des Staates Germanitien“ ausweist. In Westerheim befindet sich ebenfalls
eine „Botschaft“ der Germaniten.
Doch eigentlich ist Karl M.
kein Gastwirt, sondern Autoschlossermeister. Und maßgeblicher Entwickler
der GfE-Wundermaschine, eines mit viel Wasser und wenig Pflanzenöl
gespeisten BHKW. Dieses sollte aus 0,114 Litern Biospriteinsatz eine
Kilowattstunde (kWh ) Strom erzeugen, war den Kunden versprochen worden.
„In einem Langfrist-Projekt gab es das Ziel von weniger als 0,05Liter
pro kWh“, gab Horst K. vor dem Landgericht preis, einer der beiden
GfE-Chefs. Das wäre ein elektrischer Wirkungsgrad von weit über 100
Prozent nach heutigem Stand der Energietechnik.
Bleibt
abzuwarten, was in den nächsten 25 geplanten Verhandlungstagen
herauskommt. Das Gericht muss einiges klären: Wollten die Angeklagten
und weitere 39 Beschuldigte wirklich Blockheizkraftwerke produzieren,
die nach heutigem Stand der Technik unmöglich hohe Wirkungsgrade und
Renditen aufwiesen? Oder verkauften sie bewusst etwas, was es gar nicht
gab? Das behauptet die Staatsanwaltschaft nach fast zwei Jahren
Ermittlungen auf ihrer 55-seitigen Anklageschrift.
Orig. Quelle: http://www.schwaebische.de/region/biberach-ulm/laichingen/rund-um-laichingen_artikel,-Zuendende-Idee-oder-bandenmaessiger-Betrug-_arid,5327575.html
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