In einer Nacht- und Nebel-Aktion haben die Euroretter den Kunden zyprischer Banken mal eben bis zu 10 Prozent ihrer Einlagen abgeknöpft. Die Empörung auf der Insel ist groß.
Bis spät in die Nacht hatten die EU-Finanzminister darüber verhandelt, ob und wie den Banken auf Zypern geholfen werden kann. Dabei soll es - wie die Nachrichtenagentur DPA berichtet - zu dramatischen Szenen gekommen sein. Mindestens drei Mal habe die zyprische Delegation mit Abreise gedroht. Doch am Ende knickte sie ein, weil die Euroretter sie vor eine brutale Wahl stellten: Entweder sie stimmt dem Plan zu, den zyprischen Bankkunden einen Soli abzuknöpfen - oder die Insel muss zu ihrer alten Währung zurückkehren, zum Zypern-Pfund.
Die weiteren Ereignisse lesen sich wie ein Kapitel aus einem Krimi. Noch in der Nacht wurde der Anteil, den jeder zyprische Bankkunde tragen muss - 6,75 Prozent für Einlagen unter 100.000 Euro, 9,9 Prozent für Einlagen über 100.000 Euro - eingefroren. Heißt: Die Kunden hatten keine Chance mehr, an das Geld heranzukommen. Als am Samstagmorgen ein kleiner Sturm auf die Filialen einsetzte, teilten die Bankangestellten den empörten Sparern mit, dass das Online-Banken-System ausgesetzt sei. Die meisten Banken blieben sowieso geschlossen.
Ein staatlich organisierter Bankenüberfall?
Beschwichtigung der Eurogruppe
So stellte es sich zumindest in den Augen der zyprischen Sparer da. "Ich bin extrem wütend. Ich habe Jahre über Jahre gearbeitet, um dies anzusparen und jetzt verliere es, weil die Niederländer und Deutschen es sagen", ärgerte sich ein 54-jähriger Zypriot. Ein Rentner sagte: "Das ist schlicht und einfach Diebstahl." Zypern sei nicht Sizilien. Dies sei nicht die Insel der Mafia. Genutzt haben die Schimpftiraden gleichwohl nichts. Das Geld war schon weg. Insgesamt soll Zypern so Einnahmen von 5,8 Milliarden Euro zufließen.
Die Eurogruppe versuchte, die Aktion sogleich klein zu reden. ""Wir bestrafen Zypern nicht", sagte der Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem nach den Verhandlungen in Brüssel. Es gehe vielmehr um eine gerechte Lastenverteilung. EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen versicherte, dass nur die Abgabe abgezogen würde, der Rest des Kapitals sei für jeden Bankkunden nach wie vor frei verfügbar. Zyperns Finanzminister Michalis Sarris deutete an, die Zwangsabgabe könne möglicherweise in Aktien der betroffenen Banken umgetauscht werden.
Und, nicht unwichtig: Asmussen sagte, ein solches Vorgehen drohe in anderen Krisenländern des Kontinents nicht. Der "Soli" ist also eine Zypern-Spezial-Maßnahme.
Abstimmung im Bundestag
Zusätzlich wird Zypern Hilfen aus dem ESM-Rettungsschirm in Höhe von schätzungsweise zehn Milliarden Euro erhalten. Auch der Internationale Währungsfonds wird sich an den Hilfen beteiligen. In Deutschland muss das Rettungspaket vom Bundestag bestätigt werden. Wann es zur Abstimmung, ist noch offen. Kanzlerin Angela Merkel steht jedoch unter großem Druck, weil Zahlungen an Zypern hierzulande nicht populär sind, es zahlreiche Eurorebellen in den eigenen Reihen gibt und die Zustimmung der Opposition nicht gesichert ist.
Neben der Zwangsabgabe musste sich Zypern auf eine Reihe weiterer Maßnahmen verpflichten. Der aufgeblähte Bankensektor soll in den kommenden fünf Jahren auf ein Normalmaß schrumpfen. Die sehr niedrigen Unternehmenssteuern werden von zehn auf 12,5 Prozent angehoben. Zudem muss es die Insel zulassen, dass externe Gutachter die Einhaltung von Anti-Geldwäsche-Maßnahmen überprüfen. Zu einer Kürzung von Renten und Löhnen soll es vorerst nicht kommen.
Orig. Quelle: http://www.stern.de/politik/deutschland/aerger-ueber-zwangsabgabe-auf-zypern-das-ist-schlicht-diebstahl-1984891.html
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