Samstag, 20. Juli 2013

Facebook - 3.000 Euro Strafe für verstecktes Impressum

Facebook-Seiten brauchen auch in der Mobilansicht ein leicht zu findendes Impressum. Eine süddeutsche Firma hat all jene im Visier, die das nicht beachten.

Briefe von der Firma Revolutive Systems GmbH haben vielen Facebook-Nutzern bereits unschöne Überraschungen beschert. Auch in diesen Tagen versendet das Unternehmen aus Regenstauf in der Oberpfalz wieder unerfreuliche Post. 3.000 Euro Vertragsstrafe verlangt Revolutive Systems von den Empfängern – weil diese eine Facebook-Seite betreiben, deren Impressum in der mobilenVersion des Sozialen Netzwerks nicht deutlich genug erkennbar ist.

Dabei müsste es sich eigentlich längst herumgesprochen haben, dass jede Facebook-Seite, die nicht ausschließlich privat genutzt wird, zwingend ein Impressum haben muss. Diese Rechtsgrundlage gilt in Deutschland seit einem Urteil des Landgerichts Aschaffenburg aus dem Jahr 2011. Doch noch immer sind sich viele Nutzer dieser Verpflichtung offensichtlich nicht bewusst. Das kann sie teuer zu stehen kommen.

Mehr als 25 Millionen Menschen nutzen nach Angaben von Facebook das soziale Netzwerk in Deutschland. Viele haben nicht nur einen persönlichen Auftritt, sondern betreiben zudem auch eine Seite für ihr Café, für ihre Band, ihren Friseursalon, ihre Steuerberatungsfirma oder ihr aktuelles Buch. All diese Seiten benötigen ein Impressum, das laut Rechtsprechung "einfach erkennbar und unmittelbar erreichbar" sein muss. Ist das nicht der Fall, können die Betreiber abgemahnt werden – ein juristisches Risiko, das manche Unternehmen gerade als Einnahmequelle entdecken.

Wohl kaum jemand in Deutschland kläre über dieses Problem so beharrlich auf wie die Revolutive Systems GmbH, schreibt der Berliner Rechtsanwalt Thomas Schwenke in einem Blog-Beitrag. Gemeint ist das als bitterer Scherz, denn Schwenke kennt die süddeutsche Firma. Und er weiß, dass Aufklärung nicht unbedingt ihr vordringlichstes Interesse ist.

Maximal zwei Klicks bis zum Impressum

Bereits im Jahr 2012 sorgte die Vorläuferin der Revolutive Systems GmbH für Aufsehen, die Binary Services GmbH, als sie zahlreiche Abmahnungen wegen eines fehlenden oder zumindest fehlerhaften Impressums auf Facebook-Seiten verschickte. "Mehr als 200 Abmahnungen sind gerichtsbekannt geworden", sagt Schwenke. Über die Zahl der insgesamt verschickten Abmahnungen könne man nur spekulieren. 

Das Problem vieler Seitenbetreiber war, dass es im Layout von Facebook-Seiten keinen speziellen Infokasten mit einem Titel wie "Impressum" oder "Über uns" gibt, sondern nur den Button "Info". Doch laut Urteil des Aschaffenburger Landgerichts reicht es nicht aus, an dieser Stelle die Kontaktdaten des Seitenbetreibers zu hinterlegen. Auf der rechtlich sicheren Seite sei nur, erklärt Schwenke, wer dafür sorge, dass schon in der Vorschau auf die ausführlichen Informationen ein Hinweis wie "Zum Impressum" auftauche. Wer mit einem Link auf das Impressum seiner Website verweist, muss beachten, dass der Facebook-Nutzer mit maximal zwei Klicks dorthin gelangen muss.

Die geltende Rechtsprechung ließ deshalb vielen der von Binary Services Abgemahnten keine andere Wahl, als die zugesendete Unterlassungserklärung zu unterschreiben und damit auch zuzusichern, dass die Seite in Zukunft ein Impressum haben wird, auch in mobilen Anwendungen. Gut beraten war, wer sich einen Anwalt nahm und die in der Unterlassungserklärung vorgesehene Vertragsstrafe minderte oder sie durch eine Formulierung wie "angemessene Vertragsstrafe" ersetze. Denn die 3.000-Euro-Forderung hat Revolutive Systems nun offenbar an jene Abgemahnten verschickt, die damals die Original-Unterlassungserklärung abgeben haben.

Facebook will kein eigenes "Impressum"-Feld einführen

Florian Blischke, Geschäftsführer der Revolutive Systems GmbH, hat auf Anfrage von ZEIT ONLINE durch einen Anwalt erklären lassen, dass die Rechtmäßigkeit der Abmahnungen in zwei Verfahren vor dem Landgericht Regensburg festgestellt worden sei. In beiden Verfahren laufe die Berufung, weshalb weitere Fragen nicht beantwortet werden könnten.

Die Forderung über 3.000 Euro können Betroffene möglicherweise mit Verweis auf die Verhältnismäßigkeit abschwächen, wie der Mainzer Rechtsanwalt Niklas Plutte in seinem Blog argumentiert. Wie aussichtsreich das ist, kann er aber nicht abschätzen. Auch die Tatsache, dass sich bereits ein Gericht und die Staatsanwaltschaft Amberg mit der Frage beschäftigt haben, ob die massenhaft verschickten Abmahnungen der Revolutive Systems überhaupt zulässig waren, schwächen eine einmal abgegebenen Unterlassungserklärung nicht ab. 

Erster Fall auch bei Google plus

Jenseits des aktuellen Falles bleibt allerdings eine grundsätzliche Rechtsunsicherheit bestehen. Die ließe sich wohl am einfachsten aus der Welt schaffen, indem Facebook zumindest auf deutschen Seite einen neuen Reiter namens "Impressum" einrichten würde. Doch davon will das Unternehmen nichts wissen. Auf Anfrage heißt es, es gebe doch das Feld "Info", dort könnten Seitenbetreiber alle Informationen leicht eintragen. Die Daten seien dann am Rechner oder am Mobilgerät für jeden sichtbar. Dass dies manchem Richter nicht ausreicht, liege an unterschiedlichen juristischen Positionen, schreibt Sprecherin Tina Kulow auf Facebook. Man suche nach Lösungen.

Seitenbetreiber müssen sich also vorerst selbst schützen. Die Notwendigkeit nehme eher zu, sagt Rechtsanwalt Schwenke. Regelmäßig habe er Mandanten mit Abmahnungen wegen eines fehlenden Impressums. Die Kosten für die Betroffenen seien mit rund 500 Euro jeweils nicht besonders hoch, aber nervig. Und längst seien nicht mehr nur die Nutzer von Facebook betroffen. Ende März erließ das Landgericht Berlin eine einstweilige Verfügung gegen einen abgemahnten Nutzer von Google plus.

 http://www.zeit.de/digital/internet/2013-07/abmahnung-facebook-impressum-mobil


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